Aktion-Reaktion

Obwohl sie nur im Kriegsfalle benötigt werden, sind Bunker nicht unbedingt reine Militärbauten. Sie dienen nur dem Zweck, Schutz vor Angriff oder der weit in das eigene Land getragenen Reaktion auf eigenen Angriff zu bieten - dem Schutz vor militärischer Aktion. Die passiven Schutzbauwerke werden quasi aktiv, wenn ihnen ein reagierender Kopf aufgepflanzt wird und sie damit zu Flakbunkern werden. Die in den Berliner Parks gebauten Flaktürme waren also kein passiver Luftschutz.

Diese feine Unterscheidung hat schon Ende des Jahres 1939 Konsequenzen. Der Arbeitskräfteeinsatz für den Schutzraumbau wird nach einer Anordnung des Reichsluftfahrtministers Generalfeldmarschall Göring durch Generalbauinspektor Speer in Berlin auf 1.500 beschränkt. Zwei Baustäbe werden aufgelöst und deren Personal und Technik dem Baustab Langer angegliedert.
Alle größen Firmen werden aus dem Programm herausgenommen und nur noch kleine Firmen mit 10 bis15 Mann Gefolgschaft dafür zugelassen, Neubauten sind zunächst nicht mehr anzufangen. Trotzdem wird der Arbeitskräfteeinsatz immer noch als zu hoch eingeschätzt (Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.2002).

Viel wichtiger war und blieb über die gesamte Zeit des Krieges in den unterschiedlichsten Veröffentlichungen die Notwendigkeit der ungeheuren Anstrengungen des Schutzraumbaues zu betonen. Durch die Luftangriffe der Gegner, so wurde der Bevölkerung erklärt, werde bis tief in das Land hinein auch "zwangsläufig das ganze Volk in Mitleidenschaft gezogen...". Die Ursache solchen "rücksichtslosen Luftterrors" brauchte nicht behandelt zu werden, da Krieg im Dritten Reich wie eine naturgegebene Klimakatastrophe genommen wurde, der sich die Population Deutsches Volk anpassen würde (Ministerialrat Dr.Ing.E.h. Kurt Knipfer, Werner Burkhardt; Luftschutz in Bildern; Berlin 1935).

Angst-Macht

Mächtig wie die Gräber der Pharaonen, gleich ihnen als Stollen in die Erde getrieben oder als oberirdische Baumasse aufgetürmt, sind Bunker kein direktes Zeichen der Niederlage, aber ein Zeichen der Niederlegung - Grablegung - des konventionellen Krieges, bei dem Schlag und Schutz vor Schlag nur an der Front notwendig waren.
Die eigentlich Angst signalisierende Schutzfunktion wird durch eine entsprechende Gestaltung in Wehrhaftigkeit, Trotz oder gar Machtanspruch umgebildet. Auch dabei steht der Bunker in einer Linie mit den Pharaonenpyramiden, mit Wehrkirchen und Adelsburgen. Von den romanischen Kirchen mit meterdicken Mauern

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Leitturm im Augarten Wien

Leitturm im Augarten Wien von Norden gesehen
und schießschartigen Fenstern kommend, entwickelt der Kirchenbau aus auch innerer Kargheit ein Gepränge, daß sich in Größe und Ziselierung der Dome als "Machtanspruch Gottes" auch nach außen kehrt. Genau diesen Weg durchläuft auch die Burg vom einfachen Palisadenzaun auf einem Erdwall hin zum Schloß im Park. Der Bunker muß natürlich nach außen geschlossen bleiben, um seinen Zweck zu erfüllen. Aber die innere, wie auch äßere Ausschmückung wird ihm zuerst nur aus Gründen der Rationalisierung und dann ganz profan wegen Materialmangels genommen und auf Friedenszeiten verschoben (Bestimmungen für den Bau von Luftschutzbunkern Heft I-VI; Hrsg. vom Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe - Inspektion des Luftschutzes; Berlin 1941 - Militärarchiv Freiburg RL4/358).
Die Entwicklung von Burg zum Bunker wird immer wieder hervorgehoben um auch den Luftschutz in die deutsche Bautradition einzufügen (Fritz Todt in Der Deutsche Baumeister Heft 12/1940).
Sicherheit-Versuch
Die aggressiv wachsende Bedeutung des Fliegerschutzes im Rahmen der Kriegsvorbereitungen fordert entsprechend viele Untersuchungen zu Daten der konstruktiven Elemente Decken, Wände und Öffnungen, zu bauphysikalischen Grundlagen der Materialien Stahl und Beton und der Versorgungs- und Klimatechnik. Mit seiner preußischen Konsequenz des Planens und Entwickelns brachte es Deutschland immerhin dazu, daß Großbritannien zur gleichen Zeit, in der es in der britisch besetzten Zone das Schleifen der Bunker nach dem Krieg beendete, Pläne zur Errichtung von "Spezialhochbunkern nach deutschem Muster" vorbereitete (Englische Hochbunker nach deutschem Muster; Neue Bauwelt Heft 40/1950). Aber auch die Deutschen beider Länder können die gewonnen technischen Kenntnisse gut im weiterbetriebenen Schutzbau des Kalten Krieges verwenden.
Ein weiteres Problem, das erst zum Ende des Krieges drängend ist und deshalb zu dieser Zeit nicht wissenschaftlich aufgearbeitet wurde, ist das soziale Verhalten in den Schutzräumen Üund Bunkern unter dem Einfluß der alltäglichen Bedrohung und Materialnot.

Rechtlich
Den rechtlichen Rahmen für den Luftschutzbau gab das am 26. Juni 1935 im Reichsgesetzblatt erlassene Luftschutzgesetz vor. Zu Anfang war man "vom guten Willen der Hausbesitzer" abhängig und setzte deswegen auf eine Zusammenarbeit mit

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9 Personenschutzraum des Bundesamtes für Zivilschutz

Schutzbauwerke Klasse B und C des Ministeriums für Bauwesen der DDR

Eingangsschleuse zu Schutzbauwerken des Ministeriums für Bauwesen der DDR

oben: 9 Personenschutzraum des Bundesamtes für Zivilschutz
mitte: Schutzbauwerke Klasse B und C des Ministeriums für Bauwesen der DDR
Eingangsschleuse zu Schutzbauwerken des Ministeriums für Bauwesen der DDR
der Organisation des Reichsluftschutzbundes (Runderlaß des Preußischen Finanzministeriums - Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.1935). Dieser propagierte den zivilen Luftschutz mit teilweise recht skurilen Methoden, wie dem Aufstellen von Atrappen von Fliegerbomben (Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.2019).

Die zweite Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz vom 4.Mai 1937 bildete die rechtliche Grundlage für die Baupolizei, bei Bauanträgen die Einplanung von Luftschutzrämen in Um- und Neubauvorhaben privater Bauherren zu erzwingen (Hinweis im Brief vom 12.Dezember 1938 des Polizeipräsidiums - Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.1452). Mit der neunten Durchführungsverordnung vom 17.August 1939 wurden mindestens behelfsmäßige Luftschutzmaßnahmen in bestehenden Gebäuden obligatorisch. Vorrang hatten - soweit Finanzen und Material dies zuließen - aber immer "endgültige bauliche Maßnahmen". Die dazu notwendigen Genehmigungsverfahren waren gebührenfrei (Neunte Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz. Vom 17.August 1939 - Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.1452). Die Ausführung und Ausstattung wurde neben den Durchführungsbestimmungen von den Schutzraumbestimmungen, am 4.Mai 1937 im Reichsgesetzblatt I veröffentlicht, normiert (Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.1452). Aussagen zur städtebaulichen Anordnung, architektonischen Ausgestaltung und technischen Ausstattung von Bunkern wurden in den fünf Heften "Bestimmungen für den Bau von LS-Bunkern" durch den Generalbauinspektor zusammengefaßt. Diese Unterlagen hatten den Charakter einer Musterbauordnung (Bestimmungen für den Bau von Luftschutzbunkern Heft I-VI; Hrsg. vom Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe - Inspektion des Luftschutzes, Berlin 1941 - Militärarchiv Freiburg RL4/358).

Ästhetisch
Für die städtebauliche Planung sollte ein LS-Bunkerplan für das ganze Stadtgebiet die Grundlage bilden. Ob solche speziellen "Flächennutzungspläne" jemals gefertigt wurden, ist bisher nicht nachgewiesen. Luftschutzbunker sollten sich, in der Regel als mehrgeschossige Anlagen &uumL,ber Erdgleiche errichtet, "sowohl in luftschutzmäßiger als auch in städtebaulicher und baukünstlerischer Hinsicht in ihre Umgebung einwandfrei einfügen." (Bestimmungen für den Bau von Luftschutzbunkern Heft I-VI; Heft I Allgemeines. Planung und Grundrißgestaltung; Fassung Juli 1941 Hrsg. vom Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe - Inspektion des Luftschutzes, Berlin 1941 - Militärarchiv Freiburg RL4/358). Sie entstanden freistehend oder, die örtliche Zeilenbauweise oder Blockecke ergänzend, angebaut. Nur wenige Bunker wurden zu Zwecken der Tarnung oder aus anderen Zwängen in vorhandene Gebäude eingebaut. In Berlin waren das zwei in Gasometer eingefügte Hochbunker in der Fichtestraße und der Sellerstraße und der in die Ruine der Dreifaltigkeitskirche betonierte Bunker.

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Hochbunker in der Reinhardtstraße Berlin

Hochbunker in der Reinhardtstraße Berlin
"städtebaulich und baukünstlerisch einwandrei eingefügt"
Kleinere Bunker oder Bunker im Erdreich waren aus wirtschaftlichen Gründen nur in Ausnahmefällen zugelassen. Bunker als Untergeschosse mehrgeschossiger Bauten empfand man als konstruktiv und architektonisch nicht befriedigend (Militärarchiv Freiburg RL4/354).

Blüten trieb die Planung beim, zumindest im Dritten Reich, Theorie gebliebenen bombensicheren Luftschutz im typisierten Wohnungsbau (Ernst Neufert; Bombensicherer Luftschutz im Wohnungsbau; herausgegeben vom Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt; Berlin 1941) oder bei solch hochfliegenden Vorhaben, wie dem Südbahnhof am Ende der Großen Achse. Da er unter anderem als Station für die transkontinentale 3Meter Breitspurbahn immer kollossalere Umfänge bekam, sollte er als latentes Luftziel durch acht Flaktürme geschützt werden (Paul Bonatz; Leben und Bauen; Stuttgart 1950; Anton Joachimsthaler; Die Breitspurbahn Hitlers. Eine Dokumentation über die geplante transkontinentale 3Meter Breitspureisenbahn der Jahre 1942-1945; Freiburg 1961).
Die zeichnerischen Unterlagen zum Schutzraumbau enthielten auf den Grundrißzeichnungen den Lageplan des Grundstücks mit Darstellung der Schutzanlage und einen Schnitt, der schematisch das darüberliegende Gebäude darstellen sollte. Diese Unterlagen waren notwendig, um die Bauvorhaben beurteilen zu können. So konnte anhand des Aufrisses der zu erwartende Trümmerkegel und mittels der Lagezeichnung das Vorhandensein eines im Notfall freien zweiten Fluchtweges überprüft werden. Entwurfspläne der Bunker, zumindest soweit diese frei standen, unterschieden sich dagegen nicht von gebräuchlichen Bauantragsplänen.

Die Luftschutzbunker sollten den wehrhaften Charakter möglichst schon durch das reine Betonbauwerk mit von den Architekten neu zu entwickelnden Formen ausdrücken. Dekor oder Verkleidung der Bauwerke sollte von sowohl technologischem wie auch ökonomischem Standpunkt aus nur sparsam eingesetzt werden. Die andere Alternative war das Einplanen der nachträglichen Anbringung von Verkleidung und gestaltenden Elementen. Wie beim Bürobau der damaligen Zeit bevorzugte man dabei die Bossierung von Sockel oder Erdgeschoßbereich, leicht angeböschte Wände und Rundbogenstürze zum Zeichen der Massivität, aus der Fassade tretende Fenstergewände, die selbst als Stahlbetonfertigteil doch in handwerklicher Tradition schariert waren, grobgliedrige Simse vor dem Übergang zur Attika oder von Konsolen getragene Traufen bei Steildächern.

Technisch
1933 konstatierte man, wie wenig sich das mittlerweile endgültig entwickelte Bauelement Massivdecke, beziehungsweise der Stahlbetonbau im Bauwesen allgemein, trotz aller Werbung der Stahlbetonfirmen und der Fachleute, durchgesetzt hatte (Dipl. Ingenieur A.Altmüller; Erhöhter Luft- und Feuerschutz durch den Einbau von Massivdecken. Eine bauliche und wirtschaftliche Betrachtung.

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LS-StadthausKšln.jpg

Lagerbunker2.jpg

Lagerbunker.jpg


oben: Luftschutzhaus Tacitusstraße Köln
mitte und unten: Verbunkerte Lager am Donauufer Wien
Sonderdruck aus der Zeitschrift "Die Bauindustrie" Nr.4 u.5/1933; Zeitschrift des Reichsverbandes des Ingenieurbaues E.V., Berlin; Hamburg 1933 - Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.1185). Für den Schutzraumbau war diese moderne Bau weise aber unumgänglich. 1939 waren Stand der Technik für "Volltreffersichere Schutzbauweise" folgende Kennwerte:

Decken aus Eisenbeton: mindestens 1,40m stark mit einem Zementgehalt von 300kg/cbm fertigen Betons und einer der folgenden Bewehrungen:
Kubische Bewehrung: Rundeisen mindestens 10mm Durchmesser, Maschenabstand 15cm bei einer Toleranz von 1cm.
Spiralbewehrung Patent DYWIDAG: mindestens 70kg/cbm fertigen Beton, wobei der Durchmesser der Schlaufen circa1,70m betrug und die Verschiebung der Spiralen 43cm.
Gitterraumbewehrung Patent Luz Bau GmbH: mindestens 58kg/cbm fertigen Beton bei einem Korbabstand an der Basis von 19cm. Für alle Bewehrungsarten galt eine Mindest bewehrungshöhe von 1,30m; daraus ergibt sich eine Betonüberdeckung oben und unten von jeweils 5cm.
Decken aus unbewehrtem Beton: mindestens 2,00m stark mit einem Zementgehalt von 300kg/cbm Beton; die Spannweite dieser Decken maximal 4,00m bei waagerechter Konstruktion, bei gewölbten Decken so, daß sich auch bei Belastung durch außermittige Treffer oder Trümmer die Stützlinie innerhalb des Querschnittskernes befindet.
Wände aus Eisenbeton: Mindestdicke von 1,10m.
Wände aus unbewehrtem Beton: minimale Stärke 2,00m (Militärarchiv Freiburg RL4/339).
1940 wurde angewiesen, eingeschossige bombensichere Luftschutzräume mit Fassungsvermögen von nicht mehr als 500 Personen zu errichten. Nur mehrgeschossige Anlagen durften auch für eine größere Zahl Menschen ausgelegt werden. Die lichte Geschoßhöhe mußte 2,10m betragen. Die Schutzbauwerke mußten wenigstens zwei Zugänge aufweisen, von denen jeder mit einer Gasschleuse mit einer Grundfläche von mindestens 5 qm zu versehen war. Gegen¨ber den Angaben aus dem Jahre 1939 sollte der Zementgehalt für die bombensicheren Umfassungswände nun 400kg Zement je cbm fertigen Betons betragen, eine Zugfestigkeit von W=300kg/qcm und eine Biegezugfestigkeit von Wz=30kg/qcm gewährleistet sein. Für Bunker mit einem Fassungsvermögen von mehr als 1.000 Personen waren 1941 2,50 bis 3,00m Dicke der bombensicheren Wände und Decken zwingend. Vom 18.Oktober 1944 datiert ein Schreiben, das Erfahrungen zusammenfaßt, die man durch den Bordwaffenbeschuß bei Fliegerangriffen gesammelt hatte. Danach mußten zum Beispiel schützende Stampf- oder Stahlbetonwände mindestens 70cm dick und gemauerte Wände 64cm dick sein. Diese Informationen betrafen aber hauptsächlich die nachträgliche Sicherung von Luftschutzanlagen in Kellerräumen (Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.2008).

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Eingangsgewändefigürlicher Eingangsschmuck

zweiachsiger Typenentwurf

oben: Eingangsgestaltung von Luftschutzbunkern
unten: Zweiachsiger Typenentwurf
Sozial
Fragen nach der Sicherheit der Schutzbauwerke konnten aufgrund der immer wieder dem Wissensstand angepaßten Sicherheitsvorschriften bis 1943 stets positiv beschieden werden. Die 1941 erlassenen Vorschriften, die höhere Wanddicken für Schutzbauwerke vorsahen, ließen jedoch Albert Speer aus Gründen des höheren Materialaufwandes befürchten (7,2cbm statt bisher 4,6cbm Beton je Schutzplatz bei einem angenommenen Bunker mit 540 Betten, wie er errechnete), daß nur noch etwa die Hälfte der geplanten Vorhaben errichtet werden könne - und daß die nach den bisherigen Normen errichteten Bunker in den Augen der Bevölkerung entwertet würden. (Militärarchiv Freiburg RL4/340)
Besonders einzelne Spezialbomben, die wie bei einem Luftangriff auf die Stadt Münster am 18.November 1944, auch Bunker in Mitleidenschaft zogen, ließen zeitweise das Vertrauen einzelner Gruppen der Bevölkerung in diese Bauwerke, soweit sie davon erfuhr, wirklich sinken (Luftangriffe auf Münster (Westf.). Statistischer Sonderbericht; Hrsg. vom Statistischen Amt der Stadt Münster (Westf.) 1952 - Staatsbibliothek Berlin 4° 6S496).

Während erste Schutzbauwerke hauptsächlich mit Liegeplätzen, meist Zellen mit zwei bis drei Doppelstockbetten, ausgeführt wurden, konstatierte man 1941 in Erfahrungen der Generalbauleitung der Generalbauinspektion den Wunsch der Bevölkerung nach mehr Sitz- gegenüber Liegeplätzen. Grund dafür dürfte die geringe Verweildauer in einem Bunker sein, die von Sanitätsstellen auch aus psychologischer und hygienischer Sicht gewünscht wurde. Mit Erschrecken wurde von Ärzten "das langsame Vertieren und Verrohen von sonst ordentlichen Menschen, die plötzlich nach Verlust beziehungsweise Zerstörung von Hab und Gut zu Höhlenbewohnern geworden sind und, um das nackte Leben zu retten, sich bei Tag und Nacht in den Bunkern aufhalten," beobachtet. In Hamm beschränkte man daraufhin die Aufenthaltsdauer auf maximal drei Tage bis nach dem Luftangriff und ließ die Bunker regelmäßig räumen, um sie dann erst bei Luftwarnung wieder zu öffnen (Militärarchiv Freiburg RL4/448).
Als unangenehmster Umstand wurde dabei nicht der Ausfall der Wasserversorgung, sondern der Beleuchtung gewertet. In einem Schreiben vom 15.März 1943 wird deswegen angeordnet, alle Wege und Durchbrüche mit einem 30cm breiten Streifen in der Augenhöhe von etwa 1,50m zu kennzeichnen (Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.2008).

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Ausschnitt Typenentwurf mit Liegeplätzen

Ausschnitt Typenentwurf mit Liegeplätzen

oben: Hinweis am Eingang
unten: Typenentwurf mit Liegeplätzen


Typ-Individuum

Während Luftschutzräume in Gebäuden sich deren räumlichen Gegebenheiten anpassen mußten, war für frei errichtete Schutzbauwerke, besonders für die oberirdischen, jede Form möglich. Dieser Vielfalt sollte aus Gründen der Ökonomie und Technologie Einhalt geboten werden. So entwickelte man nicht das erste Mal in der Historie "preußischer" Architektur einige wenige Typenbauten, die, mit geringen Modifikationen örtlichen Gegebenheiten angepaßt, vielfach gebaut werden konnten und den Vorteil hatten, in allen Faktoren (Material, Arbeitskraft, Fläche, Zeit) im Voraus kalkuliert werden zu können. Zumindest die Luftschutztürme hatten ihren Ursprung in Entwürfen zum Wettbewerb "Alarm" 1941.
So wie das Königlich Preußische Oberbaudepartement unter David Gilly, Eytelwein und Karl Friedrich Schinkel Kirchen und Häuser für die Besiedelung der Provinzen typisierte, um der herrschenden Materialnot und des Mangels qualifizierter Fachleute Herr zu werden, waren eine möglichst rasche Durchführung und Planung im Vierjahresplan (erst später ebenfalls Materialnot durch Kriegsfolgen) für die Generalbauinspektion Grund, Bunker vorzuentwerfen. Auch das Wort "Luftschutzbunker" wurde im April 1939 festgelegt:
"... Die Bezeichnung umschließt dem Sinne nach alle bis heute bekannt gewordenen Ausführungsmöglichkeiten von Luftschutzräumen, die außerhalb von Gebäuden und nicht im baulichen Zusammenhange innerhalb von Gebäuden errichtet werden. ..."
Unterschieden wurde bei kubischen Bauwerken nach deren Erschließung in ein-, zwei- oder vierachsige Typen und bei anderen Bunkerbauwerken nach den Patentnamen der Firmen, die für solche Bauten die Vertriebserlaubnis erhalten hatten. Folgende Eckwerte galten für die verschiedenen Luftschutztürme:
Fassungsvermögen: 200 Personen bis maximal 500 Personen wobei Zwischengrößen möglich waren. Eine Staffelung um jeweils 100 wurde vorgeschlagen. Nach dem "als Beitrag zur Abwehrbereitschaft des Deutschen Volkes gegen den Terror aus der Luft" erschienenen Heft mit Bauerfahrungen über Typenformen für Luftschutzbauten gab es ausschließlich noch Bunkertypen für 500, 1.000 und 2.000 Plätze. Mindestens die Hälfte aller im letzten Kriegsjahr entstandenen Schutzbunker entsprach diesen Regeln (Franz W. Seidler; Die Organisation Todt. Bauen für Staat und Wehrmacht 1938 - 1945; Koblenz 1987).
Lichte Durchmesser der Luftschutztürme: mindestens 8,40m, maximal jedoch 10,00m.
Wandstärken bei unbewehrtem Beton: in Geländehöhe 2,00m und Verjüngung je steigendem Meter 5cm. Die Mindeststärke von 1,50m ab 10,00m Höhe durfte nicht unterschritten werden.
Wandstärken bei Eisenbeton: in Höhe des Geländes 1,10m und eine Verjüngung je steigendem Meter von 3cm, wobei die Mindestärke von 80cm nicht unterschritten werden durfte.

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Wettbewerbsanzeige Alarm

Anzeige der Fa.Winkel

oben: Anzeige um Wettbewerb "Alarm"
unten: Anzeige der Firma Winkel


Für Schleusen sollten die Wandstärken bei unbewehrtem Beton 50cm und bei Eisenbeton 40cm betragen.
Zementgehalt: 300kg Zement auf 1cbm Beton.
Deckenstärke für unbewehrten Beton: 2,00m.
Deckenstärke bei Eisenbeton: 1,40m, lichte Stützweite maximal 4,00m, Zementgehalt wie vorgehend, Betonüberdeckung 5cm, Splitterfangdecken beziehungsweise Zwischendecken benötigten nur eine Stärke von maximal 5-10cm.
Türen: 90/100cm bis 125 Personen, 150/160cm bis 200 Personen, ab 5,00m über Gelände mußte eine Tür breiter als 1,00m ausgeführt sein. Im Untergeschoß waren keine oder durch Splitterschutzwand und -decke mit 2,00m Stärke geschützte Türen zulässig.
Fundament: Mindestbreite 2,50m und Mindesttiefe 1,00m unter Gelände. Gegen ungleichmäßige Setzungen wurde eine durchgehende Platte empfohlen. Die Sohle des untersten Geschosses konnte sich bei maximal -1,00m unter Gelände befinden.
Entlüftungsschlitze: waren rechtwinklig zur Fassadenfläche mit einem größten Durchmesser von 10cm anzuordnen.
Abort: für 30 Personen war mindestens ein Sitz vorzusehen. Spülklosetts benötigten für den Fall, daß die Wasserversorgung versagte, eine Abortgrube.
Ab 1942 wurden fast ausschließlich die kubischen Luftschutzbauwerke errichtet. Grund: "Die für den Bunkerbau eingeleitete und aus wirtschaftlichen Gründen unumgänglich notwendige Typisierung aller Einzelteile des inneren und äßeren Ausbaues ist nur für Bauwerke mit typisierten Einzelräumen und gleichartigem Achsensystem möglich." (Militärarchiv Freiburg RL4/354)

Winkel-Turm:
Der Entwurf der Firma Winkel & Co. Duisburg entstand, worauf sie wegen der Auszeichnung in Anzeigen hinwies, für den erwähnten Wettbewerb "Alarm". Eine vorbehaltliche Vertriebsgenehmigung wurde am 4.September 1936 erteilt. Zulässig waren Typen, die jeweils 400, 315, 247 oder 168 Schutzplätze boten (Militärarchiv Freiburg RL4/339).
Im zweiten Quartal des Jahres 1937 wurde die Firma Winkel veranlaßt, einen 50% eisenärmeren Turm zu konstruieren. In einem Schreiben vom 5.Dezember 1944 wird der Firma Winkel mitgeteilt, daß ein Verbot der nach den nun geltenden Vorschriften unwirtschaftlichen LS-Türme erteilt wurde (Militärarchiv Freiburg RL4/354).

Patent Zombeck:
Diese Türme besaßen eine, entsprechend der Vertriebsgenehmigung für die Wendelfläche Zombeck, spiralförmig ansteigende Geschoßdecke. Diese hatte man entwickelt, da die innenliegende Spindeltreppe in der Turmachse bei großem Andrang Schutzsuchender Stockungen verursachte und damit selbst zum Gefahrenmoment wurde.

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Winkelturm SchnittWinkelturm Ansicht

Winkelturm 2.ObergeschoßWinkelturm 3.Obergeschoß

oben: Schnitt und Ansicht eines Winkel Turmes
unten: Grundrisse


Wie beim Winkelturm wird eine Verteilung der Menschenströme dadurch erreicht, daß jeder einzelne - bis maximal vier - Schutzraum durch einen eigenen Zugang bedient wird. Durch die Spindelform des Turmes mit zentraler Hohlstütze konnten außerdem die Decken dünner ausgebildet werden. Die lichte Höhe hatte mindestens 2,00m zu betragen.

Schutzräume aus Humeschleuderbetonrohr:
Die Firma Humerohr G.m.b.H erhielt am 22.August 1936 vom Reichsluftfahrtministerium eine Vertriebsgenehmigung für die von ihnen projektierten Schutzräume aus Schleuderbetonrohren. Diese sollten mindestens einen lichten Durchmesser von 1,85m aufweisen und waren 40cm unterhalb des Erdniveaus zu verlegen oder mit einer entsprechenden Überdeckung bei oberirdischer Verlegung zu versehen (Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.1998). Eine solche Anlage dürfte unter anderem für die NaPolA am Hohenzollernring 122 errichtet worden sein (Landesarchiv Berlin Pr.Br.Rep.42 Acc.2002).


Wider-Für

Immer gab es auch Stimmen gegen den oberirdischen LS-Bunkerbau anstelle von trümmer sicheren LS-Räumen in vorhandenen Kellern. Ersteres wurde als Materialverschwendung angesehen, da die Entwicklung der Wandungsdicken mit der Entwicklung der Waffentechnik nicht mithalten k&šuml;nne (Militärarchiv Freiburg RL4/341). Deswegen wird in den Regionen, wo örtliche Gegebenheiten es zulassen, der Stollenbau für den Luftschutz betrieben. In Luftschutzräumen kam es immer dann zu Toten, und das war ihr einziger Nachteil gegenüber Bunkerbauten, wenn das darüberstehende Haus unter Volltreffern einstürzte oder ausbrannte. Durch starke Brände, wie auch durch Trümmerberge konnten die Insassen an der Flucht aus dem zur Falle gewordenen LS-Raum gehindert werden. Unter schlimmsten Umständen brach die Kellerdecke unter der Sprengwirkung von Bomben oder der Last der Trümmer zusammen.

Hans Schoszberger, einer der "großen" Theoretiker und Verfechter des Luftschutzes tritt gleich nach dem Krieg gegen die Verleumdung des Zivilen Luftschutzes an. Er unterscheidet zwischen dem "guten" Luftschutzstädtebauer, der in der Auflockerung der Städte den sinnvollsten Schutz sieht und dazu Erkenntnisse international austauschen möchte und dem "bösen" Luftschutzpolitiker, der aus begrenzt-nationaler Sicht die Gartenstädte unter dem Betongrabstein Bunker erstickt.

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Ansichten Patent Luz Bau

Schnitt und 3.Obergeschoß Patent Luz Bau

Erd- und 2.Obergeschoß Patent Luz Bau

oben: Ansichten verschiedener Türme der Firma LuzBau
mitte und unten: Schnitt und Grundrisse


In einer fiktiven Verteidigungsschrift für den bautechnischen Luftschutz, abgesehen davon, daß der Luftschutz nach seiner Rechnung nur 8% der Kriegskosten ausgemacht hatte, anerkennt er ihm zudem folgende Aktiva:
"Untersuchungen über Feuerschutz
Das Verhalten von Baustoffen und Bauteilen gegen Brände wurde gründlich untersucht. Neue Feuerschutzmittel sind entwickelt und praktisch erprobt worden. É Die Auswertung der an Brandruinen verschiedener Art zu sammelnden Kenntnisse für Feuerschutzvorschriften ist in den meisten Ländern im Gange.
Ferner ist dem Luftschutz in vielen Fällen eine Verbesserung des Feuerlöschwesens zu verdanken. Feuerlöschteiche, vermehrte Hydranten, hochgezogenen Brandmauern usw., die aus Luftschutzgründen angelegt wurden, sind auch im Frieden wertvoll." Ähnliches gilt für Untersuchungen zu künstlicher Belüftung, Bewetterung, Schwingungsverhalten und Standsicherheit bei Bauten in Erdbebengebieten, Grundsenkungen und Verkehrserschütterungen. (Hans Schoszberger; Dem Luftschutz wird der Prozeß gemacht in Neue Bauwelt Heft 34/1948)


Daten-Bunker

Am 09.September 1940, nach den ersten alliierten Luftangriffen auf Berlin, befahl Adolf Hitler, Flaktürme in Berlins innerstädtischen Parkanlagen zu bauen. (Verschollene Schätze und verschwundene Bunker. Was der Flakturm am Zoo aufnahm und was verschwand; Anne Quirin, Jeanpaul Georgen; 25.09.1991 18.05Uhr SFB III - Amerika Gedenkbibliothek Berlin B362/159)
Ganz so dramatisch dürfte das Programm zur Sicherung des Luftschutzes und der unabhängigen Trink- und Löschwasserversorgung für die Reichshauptstadt, angeordnet am 10.Oktober 1940, nicht begonnen haben. Die damit verursachten Bauten sollten bis Mitte 1941 fertiggestellt werden. Das Reichsluftfahrtministerium mußte aber im Oktober 1941 eine Verzögerung bis weit nach dem geplanten Endtermin der sogenannten 2. Welle konstatieren. Das zweite Führerbauprogramm, am 9.Mai 1941 befohlen, hätte im Juli 1942 abgeschlossen sein sollen.
Weit mehr, als die von der Zeitung Neue Zeit am 12.November 1946 gezählten 268 Bunker (davon 54 Hochbunker), entstanden in Berlin während des Krieges. 1941 bestanden 237 Bunker mit 59.989 Liegestellen, 53 Bunker mit 21.000 Liegestellen waren im Bau und noch 100 mit zusammen 94.000 Liegestellen in Planung. Davon waren unter anderem ein Luftschutzbunker für den Reichsrundfunk,16 Bunker für Reichsministerien und drei Bunker für die Hotels Adlon, Kaiserhof und Esplanade bestimmt (Militärarchiv Freiburg RL4/340). Das Fassungsvermögen war

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Ansicht und Schnitt Patent Zombek

Aufsicht und grundriß Patent Zombek

oben: Ansichten und Schnitt des Turmes der Firma Zombek
unten: Aufsicht und Grundriß


zwischen 1.000 und 5.000 Personen ausgelegt. Da im innerstädtischen Bereich in den Kellern öffentlicher Gebäude durch, im Vergleich zum Bunkerbau, geringeren Aufwand Luftschutzräume geschaffen werden konnten, waren die Bunkerbauwerke am stärksten auf Außenbezirke konzentriert, während dichtbesiedelte Innenstadtbezirke nur wenige bekamen: Mitte und Tiergarten je 3, Friedrichshain 4, Prenzlauer Berg, Kreuzberg und Schöneberg je 5, Charlottenburg 6, Wilmersdorf 1, Zehlendorf 2, Neukölln mit Randgebieten 39, Spandau 28, Reinickendorf 26, Köpenick 25.
Der finanzielle Aufwand kann mit den drei folgenden Angaben dargestellt werden: Ein Flakturm verschlang ca.4.000t Zement. Tiefbunker mit 1.000 Plätzen kosteten ca.350.000RM und Hochbunker für doppelt soviel Personen das eineinhalbfache - 0,5Mio.RM (Neue Zeit 12.11.1946). Immer wieder wurde das Bunkerbauprogramm eingeschränkt. 1937 verfügte ein Rundschreiben des Reichsluftfahrtministeriums aus Materialengpaß weitestgehend den Bau von stahlarmen Schutzbauten (Militärarchiv Freiburg RL4/339). 1940 konstatierte man Zwänge der Transportlage (Militärarchiv Freiburg RL4/340).
Am Beispiel der Flaktürme in den Parks Berlins läßt sich die typische Verfahrensweise der Planung gut darstellen. Nachdem der Flakturm I in Berlin Tiergarten von dem Architekten Friedrich Tamms in Abstimmung mit dem Reichsluftfahrtministerium entwickelt und baureif war, übetrug man alle weiteren Entscheidungen dem Luftgaukommando. Die Belange der Flakartillerie, also auch der Raumbedarf, waren weiterhin mit dem Reichsluftfahrtsministerium abzusprechen (Militärarchiv Freiburg RL4/354). Der Typ Flakturm war entwickelt und wurde entsprechend den örtlichen Bedürfnissen modifiziert in Serie gebaut, ohne daß weiterhin die Einwirkung des Architekten notwendig wurde.

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Bild 11

oben: 2achsiger Luftschutzbau für 750 Liegeplätze
unten: 4achsiger Typenentwurf für Berlin mit 1.422 Liegeplätzen und 506 Sitzplätzen
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