Bild 5 Zwerchgiebel |
Zwerchgiebel
Die Zwerchgiebel an der Ostseite des Gebäudes sollen hier als individuelle, architektonische Zutat zur Konstruktion des Dachwerkes eigenständig erläutert werden. Der Mauerwerksgiebel des nördlichen Zwerchs steht auf einer, auf den Deckenbalken der Gebinde III und VI ruhenden Schwelle. Nachträglich eingeschobene Stiele unter den Kehlbalkenauflagern der Giebelwand, vor das Mauerwerk in den Dachraum gesetzt, stehen auf den Binderbalken auf und sind mit eingeblattetem Querriegel an den Sparren des Binders angebunden. Diese seitliche Wand des Zwerchgiebels ist zur Außenseite des Dachraumes hin verbrettert, wobei die Bohlen gegen ersten Kehlbalken des Hauptdachwerkes und Querriegel gesetzt sind und auf dem Deckenbalken aufstehen. Leersassen an den Bindern, Kehlbalken der Dachgebinde und die verbliebene Schwelle lassen auf eine ehemalige Fachwerkkonstruktion der Giebelwand schließen. Der obere Teil der Wand ist, innen noch sichtbar, als Fachwerk verblieben. |
Bild 6 Oberes Ende des Mastes für die Wetterfahne im Dachraum |
Dieselben Beobachtungen sind auch am zweiten, dem südlichen Zwerchgiebel zu machen. Das Mauerwerk ruht auf einer verbliebenen Schwelle, die von den Deckenbalken der Gebinde VIII und XII getragen wird. Diese Schwelle besitzt sichtbare Bohrlöcher für Holznägel. Die flankierenden Bindersparren und Stiele weisen Leersassen auf. Für diesen Zwerchgiebel ist zudem eine Raumnutzung sichtbar nachzuweisen. Folgende Spuren belegen diese Annahme: ein weißer Anstrich im unterem Bereich und an den Kehlbalken angebrachte Nute, die für Stakhölzer vorgesehen waren (Siehe Bild 5). Damit war der zweite Zwerchgiebel möglicherweise zweigeschossig, auf jeden Fall gegen seinen Spitzboden zu einem Raum abgetrennt. Zapflöcher an den unter dem Knoten der Gebinde stehenden, teilweise ebenfalls geweißten Stiele weisen auf eine Ausfachung der Raumtrennwand hin. Bretter bilden den Fußboden des Zwerchgiebels.
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Aufschiebling
Diese sind an beiden Längsseiten des Dachwerkes zu finden. Die Aufschieblinge enden ohne Fußholz direkt auf der Aufmauerung.
Fahnenstange
Im Dachraum ist im Bereich über dem zweiten Kehlbalken am Gebinde VIII noch das untere, hölzerne Ende der Wetterfahne an First und Kehlbalken seitlich befestigt. Am oberen Ende leitete ein aus geschmiedeten Bändern bestehendes Stützgerüst zu dem eisernern Teil der Wetterfahne über. (Siehe Bild 6)
Ausbauten
Im Dachstuhl finden sich an unterschiedlichsten Stellen nachträglich in das Dachwerk eingefügte Hölzer, die allesamt Zapflöcher einer Ausfachung aufweisen oder mindestens durch Weißung dem ehemaligen Ausbau des Dachbodens zuzuordnen sind. So zum Beispiel einige der Abstandshölzer zwischen dem Kehlbalken und Spannriegel der Vollgespärre und ein Stiel am Schornstein unter dem Gespärre VII. Die Mittelsäule am Vollgebinde VI besitzt noch beide Angeln einer Tür.
Typologische Einordnung
Viele konstruktive Merkmale und ihre Zuordnung sind in Ostendorfs "Geschichte des Dachwerkes" sehr genau dargestellt, weswegen im folgenden weite Teile daraus unkommentiert hier wiedergegeben werden.
"Wurde nun durch die Einordnung der Decke zwischen Dachraum und unterem Teil des Hauses einerseits und andererseits durch die Anwendung des am Holzbaues ausgebildeten Dachwerkes im Steinbau das Dachwerk wesentlich umgebildet, so hat sich doch die ursprüngliche Konstruktion bis zum Schlusse des Mittelalters und noch da wo das Dach nicht vom darunter liegenden Raume getrennt wurde, Kirche oder sichtbares Dachwerk, einigermaßen erhalten. Und auch da wo längst die Einführung des Dachgebälks in die Konstruktion des Dachwerkes dieses verändert hat, weisen oft in der umgebildeten Konstruktion noch erhaltene Rudimente auf das urtümliche Dachwerk frühester Zeit zurück.
Die Verbindung der Balken mit den Sparren durch Anblattung, wie sie sich gerade bei vielen der erhaltenen frühesten Dachwerke findet, aber auch noch im 16. Jahrhundert hin und wieder vorkommt, scheint darauf hinzudeuten, daß der Balken erst später in das Gespärre eingeführt worden ist. Die Verbindung der Kehlbalken mit den Sparren, die bei den ältesten Dächern, wenigstens in Deutschland und Frankreich, durchweg durch Aufblattung geschieht, deutet wohl darauf hin, daß der erste Zweck dieser Kehlbalken der war, die Sparren zusammenzuhalten, wie das beim urtümlichen Dachwerk notwendig war, erst ein späterer, die Sparren gegeneinander abzustreben, wie es dann erforderlich wird, wenn die Sparren auf einen Balken aufsetzen.
Der Binderbalken aber war, seiner Herkunft nach ursprünglich ein Ankerbalken und die Hängesäule, die von nun an ein so wichtiges Glied im Dachwerk wird, ursprünglich nur dazu vorhanden, eine Durchbiegung des langen Ankerbalkens zu verhindern.
Die Unzuträglichkeiten, die die Konstruktion des stehenden Stuhles hinsichtlich der Belastung der Balken an nicht unterstützten Stellen mit sich brachte, konnte man dadurch vermeiden, daß man die seitlichen Säulen schräg unter die Sparren legte. Es entstand dann eine Konstruktionsart, die man den "liegenden Stuhl" genannt hat. Sie scheint in Süddeutschland um 1400, vielleicht noch etwas früher aufgekommen zu sein, ist im 15. Jahrhundert schon sehr verbreitet und ist in der folgenden Zeit noch mehr zur Anwendung gekommen.
Die große Beliebtheit, derer sich diese Konstruktion erfreute, erklärt sich einfach daraus, daß man bei ihrer Anwendung die Geschosse des Daches fast unbehindert, wie die des Hauses als Speicher benutzen konnte. Wir finden sie entweder für sich allein angewandt, oder - im Dachwerk der Profanbauten - kombiniert mit einer oder mehreren mittleren Säulen, die auf den Unterzügen des Hauses eine Unterstützung fanden, oder auch - das sowohl als besonders im Kirchendachwerk - in Verbindung mit einer mittleren Hängesäule.
Zumeist hat man aber - und das darf als die bessere wohl auch spätere Ausbildung gelten - den oberen dickeren Kopf der liegenden Säule an der Pfette, die dann in einem Ausschnitt derselben liegt, vorbeigehen lassen und ihn wohl noch in den Binderbalken eingezapft. Wie in der Richtung der seitlich stehenden Säulen eine Längsverstrebung des Daches in der Regel durch Büge oder Streben zwischen Säulen und Pfetten angeordnet wurde, so hat man auch für den liegenden Stuhl eine solche herstellen wollen. Dabei stieß man, wenn für die Pfetten der gerade stehende rechteckige Querschnitt beibehalten wurde, auf die Schwierigkeit eines regelrechten Anschlusses der Büge an dieselben. Man hat diese vermieden, indem man den Pfetten einen fünfeckigen Querschnitt gab, oder indem man die Pfetten schräg unter die Sparren legte und ihnen dann in der Regel einen trapezförmigen Querschnitt gab.
so finden wir andernwärts statt dieser gekreutzte Streben und weiter finden wir zu demselben Zweck zwischen den Säulen, die dann auf einer Dachschwelle aufgesetzt werden müssen, und den Pfetten eine förmliche Fachwerkwand gebildet. Das konnte ja, da sie sich unter die Sparren legt, ohne Behinderung des Dachraumes geschehen.
Allmählich ist das unter dem Binderkehlbalken liegende Balkenholz zu einem Spannriegel geworden. Zunächst ist - entsprechend einer konstruktiv bedeutungslos gewordenen Gewohnheit der alemannischen Zimmermannskunst, die Rähme zu verdoppeln, die aber wohl zurückzuführen ist auf eine Ausbildung bei der zwischen den doppelten Rähmen die Ankerbalken festgelegt wurden - der Binderkehlbalken verdoppelt worden, dann ist das untere Holz als Pfettenträger, und, als die Dächer im 16. Jahrhundert weniger steil angelegt wurden, für die nun stark geneigt liegenden Stuhlsäulen als Spannriegel in Anspruch genommen worden . Vom 16. Jahrhundert an gehört der Spannriegel als ein wesentlicher Bestandteil zur Konstruktion des liegenden Stuhles hinzu." |